„Viele Installationsbetriebe sind von den administrativen Aufgaben überfordert“
- Redaktion
- 27. Juni 2024
„Viele Installationsbetriebe sind von den administrativen Aufgaben überfordert“
SMA ist ein global führender Spezialist für Photovoltaik-Systemtechnik und beschäftigt mehr als 4.000 Mitarbeiter in 20 Ländern. Seit 2023 kooperiert das Unternehmen mit Hauptsitz in Niestetal mit CarbonFreed. Im Interview spricht Thomas Rink von SMA über die Strategie des Unternehmens, die Herausforderungen des Netzanschlussverfahrens und welche Vorteile die SMA-Kunden durch die Zusammenarbeit zwischen SMA und CarbonFreed haben.
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Thomas, was ist Deine Rolle bei SMA?
Thomas Rink: Ich bin Business Development Manager im Segment Commercial & Industrial. Wir beobachten den Markt sehr intensiv und identifizieren die Bottlenecks, die unseren Kunden das Leben schwer machen – und diese Dinge versuchen wir zu beheben. SMA ist seit 40 Jahren erfolgreicher Hardwarehersteller im Bereich der Leistungselektronik. Seit einigen Jahren hat sich die PV-Branche stark diversifiziert. Lag noch vor etwa fünf Jahren der Fokus auf reinen Energieerzeugungsanlagen, so stellen wir heute fest, dass die Komplexität der Energiesysteme auch die Verbrauchskomponenten wie Wallboxen und Wärme-/Kältegewinnung mittels HWAC berücksichtigen muss. Hinzu kommt die Zwischenspeicherung der regenerativ erzeugten Energie und zukünftig die Komponente der Dynamisierung der Stromtarife. SMA hat dies erkannt und hat deshalb bereits vor einigen Jahren damit begonnen, Energieversorgung und Energieverbrauch systemisch zu betrachten. Deshalb bieten wir bereits heute Systempakete, bestehend aus Wechselrichter, Batteriespeicher und Ladelösungen an. Weitere Komponenten, wie beispielsweise dynamische Tarife werden wir zukünftig einbauen.
Wann hat denn SMA begonnen, diesen Weg vom Hardware-Produzenten hin zu einem Systemanbieter im Solarbereich zu beschreiten?
Thomas Rink: Vor etwa fünf Jahren haben wir angefangen, die ersten Systeme bestehend aus PV-Wechselrichter, Batteriewechselrichter und Batteriespeicher inklusive Lade- und Energiemanagement am Markt anzubieten. Im letzten Jahr haben wir dann dieses System mit dem EV-Charger Business ergänzt. Hinter diesen komplexen Erzeugungsanlagen verbirgt sich allerdings auch eine extreme Herausforderung für unsere Partnerinstallateure und Planer. Diese Herausforderungen bestehen aus zusätzlichen administrativen Zusatzaufgaben im Rahmen der Anlagenplanung- und Inbetriebsetzung. Das beginnt beispielsweise bei der gesetzlich vorgegebenen Zertifizierungspflicht, beinhaltet komplexe und schwierige Anlagenplanungen und erfordert zum Teil auch dynamisches Lastmanagement der Netzanschlussleistung sowie komplizierte Inbetriebnahmen.
Was steckt denn hinter dem SMA Certification Service, den Ihr gemeinsam mit CarbonFreed entwickelt habt?
Thomas Rink: In 2022 lag die PV-Zubaurate in Deutschland bei rund 7,2 Gigawatt (GW). Die Erwartungshaltung der Bundesregierung ist jedoch, dass unsere Branche ab dem Jahr 2026 eine Zubaurate von rund 22 GW erreicht, um die Energiewendeziele zu erreichen. Das ist eine Zunahme um Faktor drei. Um den Markt zu sättigen, müssen wir diese Zubaurate dann über mehrere Jahre bis zum Ende der Dekade konstant halten. Viele Installationsbetriebe haben sich im vergangenen Jahr eher auf das Privatkundensegment spezialisiert, weil die Nachfrage besonders nach Ausbruch des Ukrainekriegs sehr stark gestiegen ist und Anlagen in dieser Größenordnung von weniger administrativen Aufgaben tangiert sind. Weil die Nachfrage in diesem Segment aktuell eher stagniert, schwenken die Betriebe jetzt in Teilen auf große Anlagen um. Allerdings sind die administrativen Tätigkeiten in diesem Bereich um ein Vielfaches höher, beispielsweise wenn es um das Netzanschlussverfahren geht.
Und genau diesen Installationsbetrieben wollt Ihr mit dem SMA Certification Service helfen?
Thomas Rink: Genau, das ist unser Ansatz. Hinzu kommt, dass die Zahl der Handwerker und Ingenieure in den Installationsbetrieben und Planungsbüros nicht in wenigen Jahren parallel zur Zubaurate im Solarbereich um den Faktor drei steigen wird. Es muss uns vielmehr gelingen, dass wir mit bestehenden Ressourcen effektiver werden und damit deutlich schneller mehr Solaranlagen ans Netz bekommen, ohne dass wir Abstriche beim Thema Netzstabilität machen müssen. Und das kann nur funktionieren, wenn wir die beteiligten Personen genau an der Stelle einsetzen, an der sie das meiste Know-how haben und es so wenig Reibungsverluste wie möglich gibt. Dadurch machen wir das bestehende System viel leistungsfähiger.
Warum habt Ihr Euch für eine Zusammenarbeit mit CarbonFreed entschieden?
Thomas Rink: Die Anlagenzertifizierung ist für viele Installationsbetriebe ein riesiges Thema. Ich habe selbst mehr als zwei Jahrzehnte ein Installationsunternehmen geführt und weiß daher genau, wo die Probleme liegen. Zusätzlich haben wir viele Gespräche mit Installateuren geführt und haben versucht, eine objektive Einschätzung vorzunehmen. Das eigentliche Bottleneck ist aus unserer Sicht das unendliche E-Mail-Pingpong zwischen Installateuren und Zertifizierern, bis wirklich alle relevanten Informationen für das Netzanschlussverfahren gesammelt sind. Als Marko uns das Konzept von CarbonFreed und der KI-gestützten Plattform gridcert vorgestellt hat, war mir sofort klar, dass dies eine große Erleichterung für den Markt sein wird – weil das System eben auch skalierfähig ist. Und wir dürfen nicht vergessen: Aktuell ist das Zertifizierungsthema mit sehr wenigen Ausnahmen noch ein rein deutsches, aber andere Länder, in denen der PV-Zubau ebenfalls rasant zunimmt, sind gezwungen, auf vergleichbare Art und Weise Netzstabilität zu gewährleisten. Auch hier sehen wir auf Grundlage der internationalen Ausrichtung von SMA in der Zusammenarbeit mit CarbonFreed zukünftig weiteres Entwicklungspotential.
Welche Vorteile ergeben sich für Euch und die SMA-Kunden aus der Zusammenarbeit mit CarbonFreed?
Thomas Rink: Früher wurden im Rahmen des Netzanschlussverfahrens zwischen Zertifizierungsstelle und Installationsbetrieb Dokumente eingescannt und als PDF-Dateien versendet. Die Zertifizierer haben diese Dokumente dann inhaltlich gecheckt und wenn etwas nicht passte, haben sie eine E-Mail an den Installateur geschrieben und auf eine Erklärung oder eine Anpassung gewartet. Dieser Prozess ist extrem aufwendig, fordert ein Vielfaches an nicht prüfungsrelevantem Einsatz des Zertifizierers und des Planungs-/Installationspartners und frisst damit ohnehin nicht vorhandene Ressourcen. Die KI-Software von CarbonFreed übernimmt die quantitative und qualitative Vorprüfung der Dokumente und verringert somit den ineffektiven Aufwand immens. Mit gridcert erreichen wir also eine beschleunigte Verfügbarkeit aller notwendigen Dokumente. Das macht den gesamten Prozess nicht nur deutlich schneller, sondern eben auch transparenter, weil alle Beteiligten in gridcert zu jeder Zeit sehen können, welchen Status das Projekt gerade hat. Das ist für alle Marktteilnehmer ein riesiger Vorteil. Ein weiteres Plus ist die Möglichkeit von CarbonFreed, aktiv mit Fachkompetenz in den Prozess eingreifen zu können, wenn mal etwas nicht passt.
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