Interview mit CarbonFreed-Gründer Marko Ibsch zur Umsetzung der NELEV Novelle und Änderung der Leistungsgrenze für die Anlagenzertifizierung

„Wir haben den Zertifizierungsprozess digitalisiert und skalierfähig gemacht“

„Wir haben den Zertifizierungsprozess digitalisiert und skalierfähig gemacht“

Vor zwei Jahren hat CarbonFreed eine selbstentwickelte KI-Plattform vorgestellt, die den Prozess der PV-Anlagenzertifizierung einfacher, schneller und transparenter macht. Seitdem hat das Team um Gründer Marko Ibsch schon mehr als 630 Solarprojekte mit einer Gesamtleistung von 400 Megawatt über gridcert begleitet. Im Interview spricht Marko darüber, welche Erkenntnisse er aus den vergangenen 24 Monaten gewonnen hat, welche Entwicklungen jetzt bei CarbonFreed höchste Priorität haben und warum er sich auf die „Batterie-Welle“ freut, die gerade auf Deutschland zurollt.

Ende 2022 habt ihr damit begonnen, die Netzanschlusszertifizierung großer Solaranlagen nach und nach über gridcert abzubilden. Was hat sich in den vergangenen beiden Jahren entwickelt?

Marko Ibsch: Wir wussten von Anfang an, dass wir uns im Bereich der Anlagenzertifizierung in einem hochkomplexen Umfeld befinden – mit vielen Projektbeteiligten und vielen Variablen. Es war klar, dass die Markteinführung von gridcert nur Schritt für Schritt gehen würde und das hat insgesamt sehr gut funktioniert. Wir haben erreicht, dass ein vormals komplett analoger Prozess jetzt vollständig über unsere KI-Plattform abgebildet wird. Auch die Kommunikation der Projektpartner findet ausschließlich über gridcert statt. Mittlerweile haben wir über gridcert schon mehr als 630 Projekte begleitet mit einer Gesamtleistung von 400 Megawatt. Das kann sich aus unserer Sicht wirklich sehen lassen.

Marko Ibsch

Was sind die größten Vorteile von gridcert für Eure Kunden?

Marko Ibsch: Wir hören von unseren Kunden immer wieder, dass wir ihnen durch die KI-gestützte Zertifizierung sehr viele Herausforderungen abnehmen, die es im Prozess der Anlagenzertifizierung so geben kann. Der Prozess läuft über gridcert insgesamt einfacher, transparenter und damit deutlich schneller ab. Das Tool führt unsere Kunden durch den kompletten Prozess. Dadurch ist klar, welche Informationen und Dokumente die Zertifizierungsstelle benötigt. Und wenn doch mal eine Frage auftauchen sollte, dann sind unsere Ingenieure da und klären das.

Was sind denn für dich die wichtigsten Erkenntnisse aus den vergangenen beiden Jahren?

Marko Ibsch: Oh, da gibt es einige. Zunächst mal, dass man auch in Meldorf in Schleswig-Holstein ein cooles, innovatives Unternehmen hochziehen kann, das komplett remote arbeitet und das eine wichtige Bedeutung für ein Metathema wie die Energiewende haben kann. Darauf können wir stolz sein und dafür möchte ich mich beim ganzen CarbonFreed-Team auch an dieser Stelle einmal herzlich bedanken. Die Entwicklung, die unser Unternehmen in den vergangenen Jahren genommen hat, ist absolut fantastisch und daran sieht man auch, dass wir die richtigen Menschen an Bord haben, die jeden Tag dafür brennen, die Energiewende voranzubringen. Das ist nicht selbstverständlich.

Welche Erkenntnisse hast du darüber hinaus noch gewonnen?

Marko Ibsch: Wir haben nach der Gründung von CarbonFreed ja zunächst den Zertifizierungsprozess händisch durchgeführt und sind dadurch sehr tief in die gesamte Projektabwicklung eingestiegen. Das war in der Retrospektive die richtige Entscheidung. Denn so haben wir viel darüber gelernt, wo wirklich die Problemfelder liegen und welchen Funktionsumfang eine Software im Idealfall haben müsste, um den Prozess auch tatsächlich zu beschleunigen. Und auf dieser Basis haben wir dann unsere eigene KI-Plattform entwickelt. Wir haben in gridcert für alle Herausforderungen die passenden Lösungen gefunden und den kompletten Prozess vollständig digitalisiert und ihn damit skalierfähig gemacht.

Ihr habt in den vergangenen zwölf Monaten weitere Tools und Angebote entwickelt, die euren Kunden dabei helfen sollen, dass der Zertifizierungsprozess für sie einfacher und damit schneller wird. Was ist die Idee dahinter?

Marko Ibsch: Wir haben in unserem Unternehmen mittlerweile sehr viel Wissen rund um die Zertifizierung angesammelt und das geben wir an unsere Kunden weiter. Wenn unsere Kunden wissen, welche Anforderungen für sie gelten und welche Dokumente in welcher Form benötigt werden, dann läuft der gesamte Prozess für alle Beteiligten sauberer durch. In der CarbonFreed-Academy haben unsere Kunden die Möglichkeit, grundsätzliche Informationen zum Thema Anlagenzertifizierung einzuholen. Das erleichtert jungen Ingenieuren die Einarbeit in das Thema; dort finden aber auch Profis zusätzliche Tipps und Tricks, um den Prozess noch zu beschleunigen. Unserem KI-Chatbot können die Ingenieure darüber hinaus ganz gezielt ihre individuellen Fragen zum Zertifizierungsprozess stellen. Und seit wenigen Wochen bieten wir unseren Kunden mit gridcheck sogar einen Vorab-Check an.

CarbonFreed gridcert Chatbot für Netzanschlussverfahren
CarbonFreeds Chatbot in gridcert

Kannst du bitte kurz erläutern, was sich hinter dem gridcheck verbirgt?

Marko Ibsch: Unser Tool liefert Fachplanern und Installationsbetrieben bereits in deren Angebots- und Planungsphase Informationen darüber, welche Zertifizierungsanforderungen es allgemein gibt und was der Netzbetreiber in dem jeweiligen Netzgebiet fordert, in dem die Solaranlage entstehen soll. Durch den gridcheck sehen sie direkt, ob die gewählte Zusammenstellung der Komponenten auch zu diesen Anforderungen passen. Wir sorgen mit gridcheck also dafür, dass es im Rahmen der Zertifizierung möglichst wenige Überraschungen gibt und beispielsweise noch Komponenten getauscht werden müssen. Denn das kostet die Anlagenbetreiber dann Zeit und damit auch Geld, weil die Anlage nicht wie ursprünglich geplant ans Netz kommt.

Wie geht es jetzt für CarbonFreed weiter? Was sind die Pläne beispielsweise für das kommende Jahr?

Marko Ibsch: Aktuell liegt unser Hauptfokus auf Solarprojekten mit einer Leistung zwischen 270 Kilowatt und einem Megawatt. Für diese Anlagen benötigt man ein Anlagenzertifikat Typ B nach der Norm VDE-AR-N 4110. Jetzt treiben wir zusätzlich auch Zertifizierungen von Solaranlagen mit einer Leistung von mehr als einem Megawatt in gridcert voran – das entspricht dann dem Anlagenzertifikat Typ A. Wir sind schon auf einem guten Weg, haben aber noch den ein oder anderen Entwicklungsschritt vor uns. Und dann wird die Zertifizierung von Speichern wichtig für uns. Das Thema nimmt gerade richtig Fahrt auf und auch hier wird es entscheidend sein, dass wir es durch mehr Digitalisierung schaffen, den Prozess entsprechend zu skalieren. Das ermöglichen wir mit gridcert.

Was unterscheidet das Zertifizierungsverfahren einer Solaranlage von dem eines Speichers?

Marko Ibsch: Die grundsätzlichen Anforderungen sind sehr ähnlich. Solaranlagen und Speicher benötigen ein Anlagenzertifikat, wenn sie eine Einspeiseleistung von mehr als 270 Kilowatt haben. Ein Großteil der Speicher wird aktuell bereits im Rahmen der Zertifizierungsverfahren der Solaranlagen mitberücksichtigt.  Sind die Speicher für die Hochspannung vorgesehen, dann zählt die VDE-AR-N 4120. Dafür gibt es dann leicht erweiterte Anforderungen, die wir aber ohne Weiteres berücksichtigen können.

Welche Chancen sieht du in diesem Bereich für CarbonFreed?

Marko Ibsch: Uns gibt es die Möglichkeit, einen komplett neuen Markt zu erschließen, der schon bald richtig durch die Decke gehen wird. Ein Beispiel: Allein bei den vier großen Übertragungsnetzbetreibern liegen Netzanschlussanfragen für große Speicher mit einer Leistung von 160 Gigawatt, die theoretisch alle ein Anlagenzertifikat bräuchten. Wenn auch nur ein Teil davon gebaut wird, ist diese „Batterie-Welle“ eine riesengroße Chance für die Energiewende – aber auch für uns als Unternehmen.

PV-Anlagen mit gridcert auf der Überholspur zertifizieren

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