Interview mit CarbonFreed-Gründer Marko Ibsch zur Umsetzung der NELEV Novelle und Änderung der Leistungsgrenze für die Anlagenzertifizierung

Start von “gridcert”: CarbonFreed beschleunigt die Energiewende mit neuer KI-Software 

Start von “gridcert”: CarbonFreed beschleunigt die Energiewende mit neuer KI-Software 

Greentech-Startup aus Schleswig-Holstein digitalisiert das Netzanschlussverfahren für Solaranlagen in Deutschland 

Der Zertifizierungsprozess bei großen Solaranlagen ist aktuell extrem zäh und langwierig. Die Folge ist, dass die Anlagen nur mit deutlicher Verzögerung ans Netz kommen. Das Greentech-Startup CarbonFreed hat mit „gridcert“ jetzt eine KI-Software entwickelt, mit deren Hilfe das Netzanschlussverfahren großer Solaranlagen von mehreren Monaten auf wenige Wochen verkürzt werden kann. “Mit unserer digitalen Softwarelösung transformieren wir die Anlagenzertifizierung”, sagt CarbonFreed-Gründer Marko Ibsch. 

Gefördert wird das junge Unternehmen aus Meldorf vom Land Schleswig-Holstein: Digitalisierungsminister Dirk Schrödter überreichte CarbonFreed im September dieses Jahres einen Zuwendungsbescheid über einen sechsstelligen Betrag, um die Entwicklung der KI-Software voranzutreiben.  

Bei jeder Solaranlage größer als 135 Kilowatt (kW), die in Deutschland ans Netz geht, muss projektspezifisch nachgewiesen werden, dass sie alle Anforderungen des Netzbetreibers einhält, um die Netzstabilität zu gewährleisten und die Systemsicherheit nicht zu gefährden. Dieser Prozess kann sehr zeitaufwändig sein, wie Marko Ibsch betont: „Die Datenqualität ist vielfach nicht optimal und die Arbeitsschritte sind hochgradig manuell, was wahnsinnig viel Zeit kostet. Das wollen wir ändern, indem wir den Installationsbetrieben die Fleißarbeit abnehmen. Wir suchen die für die Zertifizierung notwendigen Daten von allen beteiligten Projektpartnern zusammen und erstellen am Ende einen in sich konsistenten Datensatz. Dieser kann dann von den Zertifizierungsstellen schnell bearbeitet werden.“ 

“gridcert”: Künstliche Intelligenz sichtet große Datenmengen

Das Ergebnis ist, dass die Anlagen deutlich früher sicher ans Netz kommen und Strom einspeisen. Mittlerweile hat das CarbonFreed-Team mehr als 450 Zertifizierungen begleitet – bisher vor allen Dingen händisch, indem Ingenieure die Informationen gesichtet und ausgewertet haben. Diesen Prozess hat CarbonFreed mit „gridcert“ jetzt digitalisiert. Aus Sicht von Marko Ibsch ist Künstliche Intelligenz (KI) für diese Arbeit perfekt geeignet: „Eine KI ist sehr gut darin, große Datenmengen schnell zu sichten. In der Elektrotechnik ist zum Glück fast alles mit Schlüsselwörtern und DIN-Zeichen versehen und standardisiert. Die nötigen Daten sind für eine intelligente Software also in der Regel gut zu erkennen.“  

Der von CarbonFreed entwickelte KI-Algorithmus übernimmt die Sucharbeit der benötigten Informationen, damit anschließend die Bewertung gegen die entsprechenden Anforderungen des Projekts stattfinden kann. Durch die Aufbereitung der Informationen und einer vorbereitenden Bewertung haben die Ingenieure in den Zertifizierungsstellen mehr Zeit für die wichtigen finalen Zertifizierungsentscheidungen: „Wir gehen davon aus, dass Zertifizierungsstellen dank unserer Software künftig Anlagenzertifikate sechsmal schneller ausstellen können als vorher“, sagt Marko Ibsch.  

Energiewende: Intelligente Softwaresysteme sind die Lösung

Die Bundesregierung hat sich auch im Solarbereich ehrgeizige Ziele gesetzt, um die Energiewende voranzutreiben. Wichtig ist allerdings, dass die Anlagen nur nach erfolgter Anschlusszertifizierung ans Netz gehen, damit die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gefährdet werden. Doch die Kapazitäten in den Zertifizierungsstellen sind begrenzt – auch bedingt durch den Fachkräftemangel: „Die Zertifizierungsstellen schaffen bundesweit pro Jahr etwa 1.500 bis 2.000 größere Solaranlagen. Das entspricht einer Kapazität von fünf Gigawatt“, rechnet Marko Ibsch vor: „Wir brauchen aber rund 10.000 Anlagen pro Jahr mit einer Kapazität von 15 Gigawatt, damit wir die Ausbauziele der Bundesregierung schaffen und den Umbau des Energiesystems hin zu den Erneuerbaren Energien realisieren können.“ 

Diese Steigerung lässt sich laut Marko Ibsch nicht allein mit zusätzlichem Personal erreichen: „Egal mit wem wir sprechen – ob Zertifizierer, Netzbetreiber, PV-Entwickler – alle stöhnen, weil der Ablauf der Netzanschlusszertifizierung so komplex, manuell und zeitraubend ist, dass sich die Elektroingenieure kaum um zusätzliche Anlagen kümmern können. So werden wir die Zubauzahlen nie in den Bereich kriegen, den wir eigentlich benötigen.“ Die Lösung sind intelligente Softwaresysteme wie „gridcert“, wie der CarbonFreed-Gründer erklärt: „Wir beschleunigen den gesamten Zertifizierungsprozess bei allen beteiligten Parteien und kriegen damit noch mehr Solaranlagen ans Netz.“  

PV-Anlagen mit gridcert auf der Überholspur zertifizieren

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